Kanülierung komplexer Venen - NYSORA

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Inhaltsverzeichnis

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Kanülierung komplexer Venen

Kanülierung komplexer Venen

Schwierige oder unsichtbare oberflächliche Venen

Der Umgang mit schwer zugänglichen oder unsichtbaren oberflächlichen Venen ist eine entscheidende Fähigkeit für die intravenöse Kanülierung. Dieses Kapitel befasst sich mit der Komplexität der Identifizierung und des Zugangs zu Venen, die nicht gut sichtbar oder tastbar sind – ein häufiges Hindernis bei Patienten mit unterschiedlichen anatomischen und physiologischen Merkmalen. Alter, Flüssigkeitshaushalt und bestimmte Erkrankungen können die Sichtbarkeit der Venen beeinträchtigen und intravenöse Verfahren erschweren.

Das Auflegen warmer Handtücher oder Kompressen hilft bei Patienten mit kalten Händen, die Venen zu erweitern. Beachten Sie, dass die halbsitzende Position die Schwerkraft beim Füllen der Venen unterstützt.

Das Einweichen der Hand des Patienten in warmes Wasser trägt zur Gefäßerweiterung bei und vergrößert die Venen.

Hier sind einige Tipps, um die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Ergebnisse zu erhöhen. 

  • Flüssigkeitszufuhr: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr kann das Venenvolumen erhöhen. Geben Sie dem Patienten nach Möglichkeit Wasser oder Sportgetränke zu sich.
  • Wärmeanwendung: Eine warme Kompresse, Wärme oder warme Handtücher erweitern die Gefäße und vergrößern so die Venen. Auch ein warmes Bad kann hilfreich sein, um Venen zu identifizieren.

VIDEO: https://youtu.be/GzlutuxDLLc

  • Patientenposition: Lassen Sie den Patienten gegebenenfalls eine Übung durchführen, die die Muskelpumpe aktiviert und die Vene mit mehr Blut füllt. Wenn Sie beispielsweise eine Infusion am Handgelenk legen, lassen Sie den Patienten die Faust ballen und wieder öffnen, um die Venenprävalenz zu erhöhen.

VIDEO: https://youtu.be/4f-su1UHKwY 

  • Klopfen auf die Haut: Klopfen Sie leicht auf die Haut, um eine leichte Venenerweiterung herbeizuführen und so die Sichtbarkeit der Venen zu verbessern.

VIDEO: https://youtu.be/KvFbhswDy9k  

  • Stabilisieren Sie die Vene: Ziehen und dehnen Sie die Haut distal, um die Vene während der Punktion zu stabilisieren. Achten Sie jedoch darauf, nicht zu viel Druck auf die Haut über der Vene auszuüben, da dies den gegenteiligen Effekt haben und die Vene entleeren kann, was die Kanülierung erschwert.

 A) Durch leichtes Klopfen auf die Haut wird eine leichte venöse Vasodilatation herbeigeführt, die die Sichtbarkeit der Vene verbessert. B) Stabilisieren Sie die Vene während der Venenpunktion mit einem Fingerzug. Dabei wird der linke Daumen verwendet, um die Haut zu ziehen und die Vene zu stabilisieren, um ein Wegrollen zu verhindern.

  • Biegen Sie die Nadel: Biegen Sie die Nadel. Auch wenn es zunächst kontraintuitiv erscheint und etwas Übung erfordert, kann dieser Tipp an engen Stellen, wo es schwierig ist, einen flachen Nadelwinkel einzunehmen, um das Nadel-Katheter-System ausreichend in die Vene einzuführen, den entscheidenden Unterschied machen. Das Biegen des Nadel-Katheter-Systems ermöglicht das Anheben der Nadelspitze und stellt sicher, dass sie im oberflächlichen Venenverlauf bleibt. Tipp: Das Biegen der Nadel ist ein Profi-Geheimnis.
  • Simulatortraining: Erwägen Sie, an einem Venensimulator zu üben und üben Sie das Biegen der Nadel zunächst in der Simulation, bevor Sie diese Technik bei Patienten anwenden.

Biegen Sie das Nadel-Katheter-System, um die Spitze anzuheben (A) und behalten Sie einen niedrigen Winkel bei, um sicherzustellen, dass das Nadel-Katheter-System im oberflächlichen Verlauf der Vene bleibt (B).

VIDEO: https://youtu.be/dR5GDgvC8gU

  • Ultraschallführung: Die Anwendung von Ultraschall ist ein Kinderspiel! Wenn ein Ultraschallgerät, entsprechendes Können und geeignete tiefe Venen vorhanden sind, kann Ultraschall den entscheidenden Unterschied machen. Bei oberflächlichen Venen ist Ultraschall jedoch ineffizient, da diese nicht tief genug sind, um die Nadel in die Vene zu führen. Zudem führt selbst der geringste Druck auf den Ultraschallwandler dazu, dass die oberflächliche Vene flachgedrückt wird, was eine Kanülierung unmöglich macht.

Out-of-Plane-Visualisierung der Nadelspitze in der Vene.

Verwenden Sie Ultraschallführung, um schwierige Venen zu visualisieren

  • Technologie zur Venenvisualisierung: Geräte wie Nahinfrarot-Venenfinder zeigen Venen an, die für unser Auge nicht sichtbar sind. Diese Geräte nutzen Infrarot oder eine helle Lichtquelle, um die Venen hervorzuheben. Sie werden ausführlicher erklärt in Kapitel 11: Schulung und Hilfsmittel zum Thema intravenöser Zugang des NYSORA-Handbuchs „Schwierigen IV-Zugang meistern“.
  • Esmarch-Technik: Wickeln Sie ein Gummiband (Esmarch, 10–15 cm oder 4–6 Zoll breit) um die Extremität, um den Blutfluss zu den oberflächlichen Venen zu fördern und sie sichtbar zu machen.
  • Kanülierung des Unterarms: Beginnen Sie an der Achselhöhle und verlängern Sie das Band bis knapp unter den Ellenbogen.
  • Kanülierung des Fußes: Wickeln Sie das Band vom Knie nach unten und bedecken Sie dabei den Kniekehlenbereich.

Die Esmarch-Technik dient der Blutfüllung oberflächlicher Venen. Mechanismus: Tourniquet-Effekt und Verlagerung tiefen Venenbluts in oberflächliche Venen durch elastische Verbandsanlage.

TIPP

Sehen Sie sich das Video an, um zu verstehen, wie Sie diese sehr nützliche Technik vollständig anwenden.

VIDEO: https://youtu.be/hz4SLPVEhgA

Tiefe Venen

Das Einführen eines peripheren intravenösen Katheters in eine tiefe Vene ist im Allgemeinen komplexer als das Einführen eines Katheters in eine oberflächliche Vene und ist ohne Ultraschallkontrolle in der Regel nicht die erste Wahl für den peripheren intravenösen Zugang. Tiefe Venen liegen tiefer unter der Hautoberfläche, sind typischerweise größer und werden durch das umgebende Bindegewebe stabilisiert, wodurch ein Verrutschen oder Rollen verhindert wird. Obwohl sie schwer zu visualisieren sind, sind tiefere Venen stärker und stabiler als oberflächliche Venen. Verlassen Sie sich bei der Lokalisierung auf die Palpation.

Tasten Sie die Venen ab. Venen sind manchmal nicht sichtbar, können aber ertastet werden, da sie sich im Vergleich zum umliegenden Gewebe fester anfühlen.

Hier sind einige praktische Tipps.

  • Palpieren: Tiefe Venen lassen sich eher durch Tasten als durch Sehen identifizieren. Venen sind nicht immer sichtbar, aber man kann sie ertasten, weil sie sich im Vergleich zum umliegenden Gewebe fester anfühlen. 
  • Ultraschall: Bei der tiefen Venenkanülierung ist dies oft erforderlich, um die Vene zu lokalisieren und den Einstich der Nadel zu steuern und zu bestätigen. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Ultraschallführung bei der tiefen Venenkanülierung finden Sie unter Kapitel 9: Ultraschallgeführter peripherer Venenzugang im „Handbuch zur Bewältigung schwieriger IV-Zugänge“ von NYSORA.
  • Verwenden Sie längere Katheter: Um sicherzustellen, dass der Katheter die tiefe Vene erreichen und dort verbleiben kann, ist in der Regel ein längerer Venenkatheter erforderlich. Je nach geplanter Therapie kann auch eine größere Nadelstärke erforderlich sein.
  • Optimieren Sie die Position des Tourniquets: Positionieren Sie die Aderpresse weiter oben am Arm, um die Venenausdehnung zu verbessern und so auch tiefer gelegene Venen besser tastbar zu machen.
  • Strategische Gliedmaßenpositionierung: Passen Sie die Position des Glieds an, um die Schwerkraft auszunutzen, die dabei hilft, die Venen, einschließlich der tieferen Venen, zu füllen.
  • Einsteckwinkel: Um die Venen zu erreichen, ist bei der Technik der tiefen Venenkanülierung ein steilerer Einführwinkel erforderlich als bei oberflächlichen Venen. 
  • Erfahrung und Ausbildung: Aufgrund der Komplexität und des Komplikationspotenzials (wie tiefe Gewebeverletzungen oder Nervenschäden) wird dieser Eingriff normalerweise von einem medizinischen Fachpersonal mit fortgeschrittener Ausbildung und Erfahrung in der Kanülierung tiefer Venen durchgeführt.
  • Erwägen Sie einen alternativen Zugang: Wenn sich das Auffinden einer tiefen peripheren Vene als schwierig erweist, sollten Sie einen ultraschallgeführten intravenösen Zugang zu tieferen Venen oder einen CVC in Betracht ziehen, wenn ein langfristiger oder großvolumiger Zugang erforderlich ist.

TIPPS

  • Beachten Sie die Risiken: Der Zugang zu tieferen Venen birgt zusätzliche Risiken, beispielsweise eine mögliche Schädigung von Arterien, Nerven oder umliegenden Strukturen.
  • Gehen Sie mit Geduld an die Sache heran: Leider sind mehrere Versuche oft Teil des Prozesses. Gehen Sie bei mehreren Versuchen systematisch vor, um zu vermeiden, dass die Nadel wiederholt in die gleiche Richtung eingeführt wird wie bei früheren fehlgeschlagenen Versuchen.
  • Gehen Sie vorsichtig vor: Sollten mehrere Versuche erfolglos bleiben, zögern Sie nicht, einen Kollegen um Hilfe zu bitten oder zu übernehmen.
  • Fehlerbehebung: Gehen Sie bei mehreren Versuchen organisiert vor. Ändern EINZIGER Führen Sie jeweils nur ein Element der Technik durch. So vermeiden Sie, dass Sie denselben Fehler immer wieder wiederholen. Fächern Sie den Nadelwinkel zunächst von links nach rechts auf, während Sie den Einstichwinkel konstant halten. Wenn dies nicht gelingt, ändern Sie den Winkel und wiederholen Sie die Fächertechnik. Bei richtiger Ausführung können Sie so mehrere sinnvolle Versuche mit unterschiedlichen Nadelwegen durchführen.

Bei der Fächertechnik wird die Nadel mit kleinen, gezielten Änderungen der Nadelausrichtung eingeführt, um die Erfolgsrate der Venenkanülierung zu erhöhen. Diese Technik ist besonders bei tiefer gelegenen Venen nützlich, die schwer zu erkennen sind.

VIDEO: https://youtu.be/BCWnfs-lgxI

Gewundene oder verdrehte Venen

Gekrümmte Venen sind Venen, die sich vergrößert und verdreht, gewunden oder verschlungen haben. Anstatt einem relativ geraden Verlauf zu folgen, weisen diese Venen aufgrund von Alterung, Arteriosklerose, Bluthochdruck, Bindegewebsverlust, genetischen Defekten oder Diabetes mellitus zahlreiche Kurven oder Schleifen auf. 

Gewundene Venen können bei der intravenösen Kanülierung oder Venenpunktion eine Herausforderung darstellen und zu mehreren erfolglosen Versuchen eines Venenzugangs, erhöhtem Unbehagen für den Patienten und einer höheren Wahrscheinlichkeit von Komplikationen wie Blutergüssen oder Hämatomen führen.

A) Gewundene Venen auf dem Handrücken, B) auf der Handinnenseite und C) in der oberen Extremität. D) Gewundene oder verdrehte Venen in der Hand. E) Mehrere erfolglose Venenzugangsversuche aufgrund gewundener Venen.

Beispiele für geschlängelte Venen. A) Normale Vena saphena magna. B) Geschlängelte, variköse Vena saphena magna. C) Geschlängelte, zum Rollen neigende Venen.

Gewundene Venen verstehen

Obwohl diese Venen sichtbar und leicht tastbar sind und sich täuschend einfach mit einer Kanüle punktieren lassen, haben sie ihre Elastizität verloren und neigen daher dazu, sich aufzurollen, wenn sich die Nadel nähert.

VIDEO: https://youtu.be/0JMxCtD6eXg

Strategien für geschlängelte Venen

Wenn eine gewundene Vene die einzige Möglichkeit für die intravenöse Kanülierung ist, wählen Sie eine mit sichtbaren Ästen (Zuflüssen), die den Nadeleintritt stabilisieren, oder eine relativ gerade Vene.

Nadeleinstich:

  • Halten Sie mit der Nadel einen flachen Winkel ein, um das Risiko einer Veneneinrollung zu minimieren. 
  • Verwenden Sie eine schnelle Methode: Führen Sie die Nadel schnell ein, um ein Wegrollen der Vene zu verhindern. Diese Technik wird als „Schlangenbiss“-Technik bezeichnet. 

VIDEO: https://youtu.be/B_M4tI5S4zQ

Gegenzugmethode:

  • Legen Sie einen Finger unter die vorgesehene Einstichstelle und ziehen Sie die Haut vorsichtig nach unten, um eine Spannung zu erzeugen, die die Vene stabilisiert.

Geschwungene Venen in der unteren Extremität. Technik zur Venenstabilisierung.

Häufiger Fehler: Manche raten dazu, die Haut auf beiden Seiten der Vene zu dehnen, um Spannung zu erzeugen. Dies kann manchmal hilfreich sein. Allerdings kann dies dazu führen, dass die Vene weniger gefüllt erscheint und schwerer zu erkennen ist. Außerdem verringert es die Wahrscheinlichkeit eines Blutrückflusses nach dem Einführen der Nadel.

VIDEO: https://youtu.be/8-5D7z-oGiE

Geplatzte Adern

Geplatzte Venen entstehen, wenn die Nadel die Vene entweder durchdringt oder zum Platzen bringt, wodurch Blut in das umliegende Gewebe austritt. Oft ist ein Bluterguss über der Vene sichtbar, manchmal mit einem Abdruck eines vorherigen Versuchs. Dies kann durch die Verwendung der falschen Nadelgröße, das Einführen der Nadel im falschen Winkel in eine leicht rollende Vene oder durch brüchige Venenwände verursacht werden, was bei älteren oder chronisch kranken Patienten häufig vorkommt.

Wird versucht, einen Katheter unterhalb einer geschädigten Vene einzuführen, kann die Infusion in das paravenöse Gewebe statt in den Blutkreislauf gelangen. Dies kann zu Problemen (Gewebeentzündungen, Schwellungen) und Beschwerden beim Patienten führen. Eine schnelle und effektive Behandlung einer geplatzten Vene ist wichtig, um weitere Probleme wie Blutgerinnselbildung, Infektionen oder Verzögerungen bei der intravenösen Behandlung zu vermeiden.

Geplatzte Vene führt zur Hämatombildung.

Mehrere fehlgeschlagene Versuche bei einem Patienten führen zu Blutergüssen und Verfärbungen aufgrund der Extravasation von Hämoglobin.

Was tun, wenn eine Ader platzt?

  • Schauen Sie nach proximal: Versuchen Sie, den intravenösen Zugang proximal zur geplatzten Vene einzuführen. Dies liegt daran, dass der Venenabschnitt oberhalb der Verletzung intakt bleibt und weiterhin einen zuverlässigen Zugang bietet. Das Einführen eines Katheters distal zur geplatzten Vene kann zu einem paravenösen Austritt aus der geplatzten Vene proximal führen.
  • Suchen Sie nach Alternativen: Wählen Sie eine andere Vene oder eine ganz andere Extremität.

Praktischer Rat

  • Beginnen Sie distal: Wenn noch kein Hämatom vorhanden ist, beginnen Sie am distalsten Abschnitt der Vene. Durch diese Strategie können weitere Venenabschnitte für spätere Versuche erhalten werden, wenn sich die intravenöse Kanülierung als schwierig erweist.
  • Katheterwechsel: Ein funktionierender Katheter wird in der Regel nach 3–4 Tagen ausgetauscht. Beim Legen einer neuen Infusion in dieselbe Vene sollte diese proximal zur vorherigen Einführstelle positioniert werden oder, falls erforderlich, eine andere Vene gewählt werden.

 

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