Die totale Kniearthroplastik (TKA) ist ein gängiger orthopädischer Eingriff, bei dem der Schwerpunkt auf der Optimierung der postoperativen Schmerzbehandlung bei gleichzeitiger Erhaltung der motorischen Funktion liegt. Regionalanästhesieverfahren, die die motorischen Nerven schonen, sind zentraler Bestandteil multimodaler Analgesiestrategien, die eine frühzeitige Mobilisierung und eine verbesserte Genesung ermöglichen.
Während die femoraler Dreiecksblock (FTB) deckt Schmerzen im vorderen Kniebereich effektiv ab, zielt aber nicht ausreichend auf den hinteren Bereich des Knies ab. Der Zwischenraum zwischen der Arteria poplitea und der Kapsel des hinteren Knies (ICH PACKE)-Blockade hat sich zu einer wertvollen motorschonenden Ergänzung zur FTB entwickelt, ihre Reproduzierbarkeit kann jedoch durch anatomische Variationen und technische Komplexität beeinträchtigt sein.
In einer kürzlich durchgeführten randomisierten, doppelblinden Nichtunterlegenheitsstudie in Verbindung mit einer Leichenuntersuchung wurde untersucht, ob die Blockade des Plexus popliteus (PPB), ein neuerer und technisch einfacherer Ansatz, in Kombination mit FTB der IPACK-Blockade nicht unterlegen ist.
Studienziel und Methoden
Das primäre Ziel bestand darin zu beurteilen, ob die PPB der IPACK-Blockade bei der Vorbeugung von mittelschweren bis starken Schmerzen im hinteren Knie 8 Stunden nach der TKA nicht unterlegen ist. Die Studie umfasste auch eine Leichenuntersuchung der Injektatausbreitung nach der PPB.
Design und Teilnehmer
- Prospektive, randomisierte, doppelblinde Nichtunterlegenheitsstudie.
- Durchgeführt zwischen Oktober 2023 und August 2024.
- 90 Teilnehmer wurden eingeschrieben; 86 wurden in die endgültige Analyse einbezogen (43 pro Gruppe).
- Alle Teilnehmer erhielten eine Vollnarkose und FTB, gefolgt von entweder PPB oder IPACK.
Inklusion und Exklusion
Teilnahmeberechtigt waren Erwachsene im Alter von 20–85 Jahren, die sich einer elektiven primären Knie-TKA unterzogen. Ausschlusskriterien waren ein BMI >40, kognitive Dysfunktion, Kontraindikationen für Nervenblockaden und vorbestehende motorische Dysfunktion.
Interventionstechniken
- FTB: In beiden Gruppen wurden 10 ml 0.25 % Levobupivacain in der Nähe des Nervus saphenus verabreicht.
- PPB: Durchgeführt ohne Neupositionierung des Beins; 15 ml 0.25%iges Levobupivacain wurden in die Nähe der oberflächlichen Oberschenkelarterie injiziert, bevor diese in den Adduktorhiatus eintritt.
- IPACK: Verabreichung über einen distalen Zugang mit 15 ml 0.25 % Levobupivacain zwischen der Kniekehlenarterie und der hinteren Kapsel.
Primäres Ergebnis
Auftreten von mittelschweren bis starken Schmerzen im hinteren Kniebereich 8 Stunden nach der Operation (definiert als NRS ≥4)
Sekundäre Ergebnisse
- Schmerzwerte nach 8, 24 und 48 Stunden
- Fentanylkonsum
- Blockaufführungszeit
- Motorische und sensorische Funktion (Nervus tibialis und Nervus peroneus communis)
- Übelkeit, Komplikationen, Qualität der Genesung und Patientenzufriedenheit
Leichenstudie
- Die PPB wurde an sieben Beinen von vier Leichen durchgeführt.
- Zur Verfolgung der Ausbreitung des Injektats wurde Methylenblau-Farbstoff verwendet.
- Durch Dissektionen wurde die Abdeckung der Gelenknervenäste beurteilt.
Die wichtigsten Ergebnisse
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Primäres Ergebnis
Häufigkeit mittelschwerer bis schwerer Schmerzen im hinteren Kniebereich:
- PPB-Gruppe: 6.7 %.
- IPACK-Gruppe: 11.6 %.
- Der Unterschied (4.7 %) entsprach der vordefinierten Nichtunterlegenheitsgrenze von 17 %.
- Nichtunterlegenheit bestätigt (p<0.001).
Die Nichtunterlegenheit wurde auch 48 Stunden postoperativ bestätigt (p=0.037).
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Sekundäre Ergebnisse
- Schmerzwerte: Zu keinem Zeitpunkt gab es einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen.
- Fentanylkonsum: In der PPB-Gruppe nach 24 Stunden signifikant niedriger (p = 0.031).
- Blockaufführungszeit: PPB-Gruppe im Median 3 Minuten vs. IPACK-Gruppe 5 Minuten (p < 0.0001).
- Motorische und sensorische Funktion: In keiner der beiden Gruppen wurde eine vollständige motorische Blockade beobachtet; einige Teilnehmer litten unter einer leichten Knöchelschwäche.
- Übelkeit: In der PPB-Gruppe nach 24 Stunden signifikant niedriger (p = 0.014).
- Komplikationen: Eine arterielle Punktion in der PPB-Gruppe verlief ohne Folgeerscheinungen; keine Stürze oder schwerwiegenden Komplikationen.
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Leichenfunde
- Die Farbstoffverteilung führte bei über 80 % der Proben zu einer konsistenten Färbung der hinteren Gelenkäste, mit Ausnahme des unteren Schienbeinnervasts (28.6 %).
- Vordere Strukturen wie der Nervus saphenus, der Nerv zum Musculus vastus medialis und der Nerv zum Musculus vastus intermedius wurden ebenfalls gefärbt.
- Eine Ausbreitung auf den Hauptstamm des Ischiasnervs wurde nicht beobachtet.
- Durchschnittlicher Abstand von der Injektionsstelle zur Ischiasgabelung: 1.5 cm.
Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass PPB den Plexus popliteus zuverlässig erreicht und durch die Einbeziehung des Nervs zum vastus intermedius eine zusätzliche Abdeckung der vorderen Kapsel bieten kann.
Fazit
Diese Studie zeigt, dass die Plexus popliteus-Blockade der IPACK-Blockade bei der Behandlung von Schmerzen im hinteren Kniebereich innerhalb von 8 Stunden nach einer Knie-TEP-Operation nicht unterlegen ist. Die Plexus popliteus-Blockade bietet außerdem potenzielle Vorteile, darunter:
- Kürzere Blockausführungszeit.
- Geringerer postoperativer Opioidgebrauch.
- Reduziertes Auftreten von Übelkeit.
Aufgrund seiner technischen Einfachheit und der konsistenten anatomischen Abdeckung kann die PPB eine wertvolle motorschonende Technik in multimodalen TKA-Analgesieprotokollen sein. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse in einem kontrollierten Umfeld von einem erfahrenen Anästhesisten erzielt wurden und eine umfassendere Validierung erforderlich ist.
Zukunftsforschung
Die Autoren empfehlen weitere Studien zur Untersuchung folgender Punkte:
- Kennzahlen zur funktionellen Genesung (z. B. frühe Mobilisierung, Meilensteine der Physiotherapie).
- Optimales Injektionsvolumen zum Ausgleich von Analgesie und motorischer Erhaltung.
- Vergleichende Wirksamkeit distaler und proximaler PPB-Ansätze.
- Breitere Implementierung in allen Patientengruppen und bei allen Anästhesieanbietern.
Klinische Implikationen
Die Erkenntnisse dieser Studie sind für Anästhesisten und Operationsteams, die an der perioperativen Versorgung von Knie-TEP-Operationen beteiligt sind, von praktischer Bedeutung. Die PPB bietet eine technisch unkomplizierte, reproduzierbare Methode zur Erzielung einer posterioren Knieanalgesie, ohne dass eine Beinreposition erforderlich ist. Da sie der IPACK-Blockade nicht unterlegen ist, die Blockadezeit verkürzt und der postoperative Opioidverbrauch reduziert ist, könnte die PPB in stark frequentierten Kliniken oder für Ärzte mit wenig Erfahrung mit komplexen posterioren Ansätzen eine bevorzugte Option darstellen. Da die PPB zudem eine motorische Blockade vermeidet und Komplikationen minimiert, entspricht sie gut den ERAS-Prinzipien, insbesondere bei älteren Patienten oder Hochrisikopatienten, bei denen eine frühe Mobilisierung entscheidend ist. Diese Vorteile sprechen für die Integration der PPB in multimodale Analgesieprotokolle für Knie-TEP-Operationen, auch wenn eine umfassendere Validierung in unterschiedlichen klinischen Umgebungen erforderlich ist.
Klinische Perlen
- PPB ist IPACK bei Schmerzen im hinteren Kniebereich (NRS ≥4) 8 Stunden nach der Operation nicht unterlegen.
- Schneller durchzuführen: PPB 3 Min. vs. IPACK 5 Min.
- Geringerer Fentanylverbrauch und weniger Übelkeit mit PPB.
- Leichenstudie: PPB färbt hintere Gelenkäste zuverlässig.
Praktischer Tipp: Bei TKA-Fällen, bei denen es auf Zeiteffizienz ankommt, bietet PPB eine vergleichbare Schmerzlinderung wie IPACK, jedoch mit schnellerer Einrichtung und weniger Nebenwirkungen.
Ausführlichere Informationen finden Sie im vollständigen Artikel in RAPM.
Fujino T. et al. Analgetische Wirksamkeit der Plexus popliteus-Blockade im Vergleich zur Infiltration zwischen der Arteria poplitea und der Kapsel der hinteren Knieblockade in Kombination mit einer Femurdreiecksblockade nach totaler Kniearthroplastik: eine randomisierte Nichtunterlegenheitsstudie und Leichenbewertung. Reg Anesth Pain Med. Online veröffentlicht am 12. August 2025.
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