Perioperatives Dexamethason bei Diabetikern - NYSORA

Entdecken Sie die NYSORA-Wissensdatenbank kostenlos:

Inhaltsverzeichnis

Mitwirkende

Perioperatives Dexamethason bei Diabetikern

Perioperatives Dexamethason bei Diabetikern

Der Einsatz von Dexamethason im perioperativen Umfeld ist aufgrund seiner nachgewiesenen Vorteile bei der Verringerung von postoperativer Übelkeit, Schmerzen und Opioidkonsum üblich. Bei Patienten mit Diabetes, Sorgen über Hyperglykämie und Infektionsrisiken haben zu Zögern bei der Anwendung geführt. Jüngste Ergebnisse einer umfassenden systematischen Überprüfung und Metaanalyse sowie neue Entscheidungshilfen bieten Klinikern Klarheit bei der Bewältigung dieses komplexen Themas

Warum die Sorge?

Dexamethason ist ein Kortikosteroid, das bekanntermaßen vorübergehende Hyperglykämie verursacht, indem es die Glukoneogenese in der Leber erhöht und die periphere Glukoseverwertung verringert. Während diese Hyperglykämie bei Nichtdiabetikern oft mild und selbstlimitierend ist, ist sie bei Diabetikern, die bereits einem Risiko für Wundheilungsstörungen, postoperative Wundinfektionen (SSIs) und andere Komplikationen im Zusammenhang mit erhöhten Glukosewerten ausgesetzt sind, besorgniserregend.

Bisher standen Klinikern nur begrenzte Daten zur Verfügung, um die Anwendung von Dexamethason bei Diabetikern zu steuern. Die meisten Studien schlossen Diabetiker entweder aus oder berichteten nicht über spezifische Ergebnisse. Dieser Mangel an Evidenz führte zu klinischer Zurückhaltung, und viele verzichteten bei dieser Patientengruppe gänzlich auf Dexamethason.

Was die neuen Erkenntnisse besagen

Eine systematische Übersichtsarbeit von Jones et al. (2024) analysierte 16 randomisierte kontrollierte Studien, an der 2,592 Diabetiker teilnahmen, um festzustellen, ob perioperatives Dexamethason das Risiko von Komplikationen, insbesondere Infektionen, erhöht.

Die wichtigsten Ergebnisse:
  • Kein erhöhtes Risiko für postoperative Wundinfektionen (SSIs): Die gepoolte Analyse ergab keinen statistisch signifikanten Unterschied in den Infektionsraten zwischen Patienten, die Dexamethason erhielten, und denen, die es nicht erhielten.
  • Reduziertes Risiko kombinierter unerwünschter Ereignisse: Dexamethason war mit einer signifikanten Verringerung der gesamten Nebenwirkungen verbunden, darunter Atemwegskomplikationen, verlängerte Krankenhausaufenthalte und Herz-Kreislauf-Probleme.
  • Dexamethason verbesserte Ergebnisse wie:

Wichtig ist, dass das allgemeine Sicherheitsprofil auch unter Berücksichtigung von Unterschieden bei Dosierung und Art des chirurgischen Eingriffs positiv blieb.

Was bedeutet das klinisch?

Diese Metaanalyse bestätigt deutlich, dass Dexamethason bei Diabetikern sicher angewendet werden kann, wenn es sorgfältig geprüft und angemessen dosiert wird. Doch wie sollten Kliniker die Entscheidungsfindung in Echtzeit angehen?

Um dies zu unterstützen, ist eine praktische Entscheidungspfad wurde entwickelt, um den perioperativen Einsatz von Dexamethason basierend auf dem Patienten zu steuern HbA1c-Wert, aktuelle Blutzuckerkontrolle und Infektionsrisikofaktoren.

Dexamethason-Entscheidungspfad

Ein klinischer Entscheidungsalgorithmus wurde vorgeschlagen, um den perioperativen Einsatz von Dexamethason zu steuern, basierend auf HbA1c-Werte und Glukosekontrolle:

 

Die präoperative Beurteilung sollte Folgendes umfassen:
  • HbA1c-Werte
  • Aktuelle Glukosekontrolle: Bewerten Sie den Glukosespiegel und das Medikamentenschema
  • Infektionsrisiko: Berücksichtigen Sie die Vorgeschichte postoperativer Wundinfektionen (SSIs), Komorbiditäten usw.
Basierend auf HbA1c und Diabetes-Kontrollstatus:
  1. Gut kontrollierter Diabetes (HbA1c < 7 %)
  • Die Anwendung von Dexamethason ist angemessen — Der Nutzen überwiegt die Risiken.
  • Empfohlene Dosis: 4–8 mg IV bei Einleitung.
  1. Mäßig kontrollierter Diabetes (HbA1c zwischen 7 % und 9 %)
  • Erwägen Sie Dexamethasonwägen Sie die potenziellen Vorteile und Risiken sorgfältig ab.
  • Beobachten Sie den Patienten genau.
  • Empfohlene Dosis: 4–8 mg IV bei Einleitung.
  1. Schlecht eingestellter Diabetes (HbA1c > 9 %)
  • Seien Sie vorsichtig mit Dexamethason:
    • Erwägen Sie alternative Therapien oder verwenden Sie die niedrigste wirksame Dosis.
    • Eine intensive Glukoseüberwachung ist erforderlich.
    • Empfohlene Dosis: 4 mg IV oder weniger.
Wichtige Notiz:

Vermeiden Sie Dexamethason-Dosen mehr als 24 mg aufgrund eines deutlich erhöhten Risikos für schwere Hyperglykämie.

Warum die Dosierung wichtig ist

Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Metaanalyse war die Variabilität der Dexamethason-Dosierung in den verschiedenen Studien. Einige Studien verwendeten Dosen von bis zu 100 mg (z. B. in der Herzchirurgie), während andere moderate Dosen von 4–8 mg verwendeten, die typisch für die antiemetische Prophylaxe sind. Trotz dieser Variabilität kein erhöhtes Infektionsrisiko festgestellt, was darauf hindeutet, dass in bestimmten Fällen sogar noch höhere Dosen akzeptabel sein könnten.

Das Risiko einer Hyperglykämie ist jedoch dosisabhängig. Bei schlecht eingestelltem Diabetes sollten Ärzte auf Nummer sicher gehen und Folgendes tun:

  • Entscheidung für niedrigere Dosen
  • Intensive Überwachung des Blutzuckerspiegels
  • Erwägung alternativer Antiemetika oder Analgetika

Weitere Strategien zur Behandlung von Hyperglykämie während der perioperativen Phase, auch im ambulanten Bereich, finden Sie hier Newsbeitrag.

Wichtige klinische Empfehlungen

Für Anästhesisten und OP-Teams:

  • Dexamethason kann sicher in perioperative Protokolle für Diabetiker mit einem HbA1c-Wert < 9 % integriert werden.
  • Bei Patienten mit schlechter Blutzuckerkontrolle sollten Sie niedrigere Dosen und eine genauere Überwachung anwenden.
  • Berücksichtigen Sie vor der Verabreichung Komorbiditäten des Patienten und das Risiko einer chirurgischen Infektion.
  • Beobachten Sie weiterhin die laufende Forschung, um Hinweise zur optimalen Dosierung bei unkontrolliertem Diabetes zu erhalten.
Vorteile über PONV hinaus

Dexamethason genießt einen wohlverdienten Ruf als Antiemetikum, doch diese Studie unterstreicht seinen breiteren Nutzen. Bei Diabetikern wurden folgende zusätzliche Vorteile festgestellt:

  • Reduziert Schmerzintensität
  • Verringert Opioid-Anforderungen
  • Verkürzt Intensivstation und Krankenhausaufenthalte
  • Reduziert Atemwegskomplikationen (z. B. Bedarf an mechanischer Beatmung)
  • Potenzielle Reduzierung schwerwiegende unerwünschte kardiale Ereignisse (bei Patienten der Herzchirurgie)

Diese Ergebnisse legen nahe, dass perioperatives Dexamethason eine Rolle spielt bei Verbesserung der Genesung und Minimierung von Komplikationen, selbst in Bevölkerungsgruppen mit höherem Risiko.

Fazit

Der perioperative Einsatz von Dexamethason bei Diabetikern wurde zu lange durch theoretische Bedenken behindert, die durch klinische Evidenz nicht ausreichend untermauert wurden. Die systematische Übersichtsarbeit von Jones et al. spricht sich nachdrücklich für eine Änderung aus.

Dexamethason kann bei entsprechender Dosierung und Überwachung eine sichere und nützliche Ergänzung für Diabetiker sein, die sich einer Operation unterziehen. Anstatt einer pauschalen Vermeidung, personalisierter, evidenzbasierter Ansatz Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, die auf die Blutzuckerkontrolle und das perioperative Risiko des einzelnen Patienten zugeschnitten sind.

Da sich die perioperative Versorgung ständig weiterentwickelt, sollten sich auch unsere Behandlungsmuster weiterentwickeln. Dexamethason bleibt ein wertvolles Instrument, das nicht gefürchtet, sondern mit Bedacht eingesetzt werden sollte.

Ausführlichere Informationen finden Sie im vollständigen Artikel in A & A..
Jones IA. et al. Perioperative Dexamethason bei Diabetikern, Anästhesie-Analg. 2024; 139: 479-489.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Abschnitt „Anästhesie-Updates“ der Anästhesie-Assistent-App. Bevorzugen Sie ein gedrucktes Exemplar? Holen Sie sich die neueste Literatur und Richtlinien in Buchformat. Für ein interaktives digitales Erlebnis schauen Sie sich die Modul „Anästhesie-Updates“ auf NYSORA360!