Eine neue Krankenhausregisterstudie, veröffentlicht in der August-Ausgabe 2025 von Anästhesie & Analgesie, hat einen signifikanten Zusammenhang zwischen der intraoperativen Anwendung nichtdepolarisierender neuromuskulärer Blocker (ND-NMBAs) und dem Risiko von postoperatives Delir bei älteren Erwachsenen. Wichtig ist, dass dieses Risiko durch die richtige Verabreichung von Gegenmitteln wie Neostigmin oder Sugammadex gemindert zu werden scheint.
Hintergrund
Postoperatives Delirium ist eine ernste Komplikation bei älteren Erwachsenen, die sich einer Operation unterziehen. Sie ist verbunden mit:
- Längere Krankenhausaufenthalte
- Langfristiger kognitiver Abbau
- Bis zu 1.5-fach höhere Sterblichkeit nach einem Jahr
- Zusätzliche Kosten von bis zu 44,000 US-Dollar pro Patient und Jahr
ND-NMBAs werden routinemäßig zur Erleichterung chirurgischer Eingriffe eingesetzt. Frühere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass ihre Verwendung zu einer verbleibenden Muskellähmung führen kann, wodurch das Risiko von Atemwegskomplikationen und einer Aufnahme auf die Intensivstation (ICU) steigt. Beides sind bekannte Faktoren, die zu einem postoperativen Delir beitragen.
Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick
- Studienpopulation: 53,772 Patienten im Alter von 60+ Jahren, die sich einer nicht-kardialen, nicht-neurochirurgischen oder nicht-transplantationsbezogenen Operation unter Vollnarkose unterzogen.
- Delirrate: 4.2 % insgesamt; höher bei denjenigen, die ND-NMBAs erhielten.
- Hauptergebnis: ND-NMBAs waren dosisabhängig assoziiert mit einer 15% erhöhtes Risiko von Delirium.
- Spielverändernd: Dieses Risiko Verschwunden wenn Umkehrmittel verwendet wurden.
Wie wurde die Studie durchgeführt?
1. Patientenauswahl
- Alter ≥ 60 Jahre
- Vollnarkose unterzogen
- Ausgeschlossen bei vorherigem Delir, Notfallumkehr von Sugammadex, längerer Beatmung (> 72 Stunden) oder hohem Operationsrisiko (ASA > IV)
2. Datenerfassung
- Zeitraum: 2008 bis 2024
- Daten aus Krankenhausakten extrahiert
- Delirium wird durch die Überprüfung der Krankenakte, Diagnosecodes und die Confusion Assessment Method (CAM) identifiziert
3. Exposition und Ergebnis
- Ausdruck: ND-NMBA-Verwaltung
- Koprimäre Exposition: Einsatz von Umkehrmitteln
- Primäres Ergebnis: Delirium innerhalb von 7 Tagen nach der Operation
Was haben sie finden?
Neuromuskuläre Blocker erhöhen das Delirrisiko
- ND-NMBAs stehen im Zusammenhang mit einer höheren Deliriumwahrscheinlichkeit.
- Dosisabhängiges Risiko: Jede Erhöhung der ED95-Einheit (effektive Dosis für eine 95%ige Zuckungsreduktion) war verbunden mit 9% erhöhtes Risiko.
Umkehrmittel mindern das Risiko
- Umkehrmittel (die in 87.2 % der ND-NMBA-Fälle eingesetzt wurden) reduzierten die Wahrscheinlichkeit erheblich:
- Ohne Umkehr: ND-NMBAs erhöhten das Deliriumrisiko um 52%
- Mit Umkehrung: Das Risiko war statistisch nicht signifikant
Sugammadex vs. Neostigmin
- Kein Unterschied bei Delirraten
Schritt für Schritt: Senkung des Delirrisikos bei älteren chirurgischen Patienten
- Bewerten Sie die Notwendigkeit einer neuromuskulären Blockade.
- Verwenden Sie die niedrigste wirksame Dosis, geleitet durch quantitatives neuromuskuläres Monitoring.
- Planen Sie immer eine Umkehr ein sofern keine Kontraindikationen vorliegen.
- Wählen Sie den Umkehragenten (Neostigmin oder Sugammadex) je nach klinischem Kontext.
- TOF-Verhältnis überwachen um die neuromuskuläre Erholung zu beurteilen.
- Sorgen Sie für eine optimale Atemfunktion nach der Operation um Komplikationen zu vermeiden, die ein Delir auslösen können.
- Screening auf Delirium Einsatz von CAM in der Erholungsphase, insbesondere bei Intensivpatienten.
Was bedeutet das für die Praxis?
Die Studie unterstreicht die Bedeutung eines sorgfältigen perioperativen Managements, insbesondere bei älteren Erwachsenen. Verabreichung von Gegenmitteln bei der Verwendung von ND-NMBAs:
- Reduziert Restlähmungen
- Reduziert postoperative Atemwegskomplikationen
- Reduziert das Risiko eines Deliriums, einer kostspieligen und gefährlichen Komplikation
„Diese Studie unterstützt einen Paradigmenwechsel in der Behandlung neuromuskulärer Blockaden bei älteren Menschen“, sagt Dr. Maximilian S. Schaefer, leitender Autor der Studie.
Fazit
Eine neuromuskuläre Blockade während einer Allgemeinanästhesie erhöht dosisabhängig das Risiko eines postoperativen Delirs. Dieses Risiko kann jedoch durch die rechtzeitige Gabe von Gegenmitteln eliminiert werden.
Gesundheitsdienstleister sollten Folgendes berücksichtigen:
- Vermeidung unnötiger Verwendung von ND-NMBAs
- Strenge Überwachung der neuromuskulären Funktion
- Regelmäßige Umkehrung der Muskelentspannung, insbesondere bei älteren Patienten
Referenz: Ahrens E et al. Zusammenhang zwischen neuromuskulärer Blockade und ihrer Aufhebung mit postoperativem Delir bei älteren Patienten: Eine Krankenhausregisterstudie. Anesth Analg. 2025; 141: 363-372.
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