Methadon ist seit langem als Behandlungsmethode für chronische Schmerzen und Opioidabhängigkeit anerkannt, doch seine intraoperative Anwendung gewinnt erneut an Aufmerksamkeit. Ein Clinical Focus Review (CFR) von Xie et al. aus dem Jahr 2025, veröffentlicht in Anästhesiologie untersucht, wie dieses synthetische Opioid mit einzigartigen pharmakologischen Eigenschaften die postoperative Schmerzkontrolle erheblich beeinflussen kann.
Dieses umfassende Update baut auf dem CFR 2019 von Murphy und Szokol auf und erweitert die Evidenzbasis auf 98 klinische Studien, darunter neuere Forschungen zu pädiatrischen, adipösen und Hochrisikopopulationen.
Warum ist intraoperatives Methadon wichtig?
Intraoperatives Methadon bietet eine Kombination von Vorteilen, die bei anderen Opioiden selten zu finden sind:
- Doppelmechanismus: Potenter μ-Opioid-Rezeptor-Agonist und NMDA-Rezeptor-Antagonist
- Schneller Wirkungseintritt: Verteilungshalbwertszeit (t₁/₂ke₀) von 4 Minuten
- Verlängerte Wirkung: Eliminationshalbwertszeit von 24–36 Stunden
- Opioidsparend: Reduziert den Bedarf an postoperativer Opioidverabreichung
Trotz seiner Vorteile ist die Akzeptanz aufgrund von Bedenken hinsichtlich der optimalen Dosierung, der unterschiedlichen Reaktionen der Patienten und des institutionellen Zugangs weiterhin begrenzt.
Die zentralen Thesen
Klinische Vorteile
- Methadon bietet länger anhaltende Analgesie im Vergleich zu kurzwirksamen Opioiden.
- Eine einzige Dosis kann therapeutische Serumspiegel (> 58 ng/ml) für 24 Stunden.
- Studien zeigen reduzierter Opioidkonsum und niedrigere Schmerzwerte bei verschiedenen Operationen: Herz-, Wirbelsäulen-, gynäkologische, pädiatrische und ambulante Eingriffe.
Risiken und Sicherheit
- Kein signifikanter Anstieg unerwünschter Ereignisse (Atemdepression, QT-Verlängerung oder Arrhythmien) im Vergleich zu anderen Opioiden.
- Serotonin-Syndrom Bei der Anwendung mit serotonergen Arzneimitteln besteht ein seltenes Risiko.
- Eine Atemdepression tritt am wahrscheinlichsten innerhalb 30–45 Minuten nach Bolus, aufgrund von Umverteilung.
Hindernisse für eine breite Nutzung
- Fehlen standardisierter Dosierungsprotokolle für alle Verfahren
- Uneinheitlicher Zugang zu intravenösen Methadonformulierungen
- Variabilität in institutionellen ERAS-Protokollen (Enhanced Recovery After Surgery)
Klinische Evidenz: Was sagen die Studien?
Metaanalysen (2019–2022)
Vier systematische Metaanalysen ergaben:
- Verbesserte Schmerzkontrolle mit intraoperativem Methadon
- Reduzierter postoperativer Opioidkonsum in einigen, aber nicht allen Studien
- Keine wesentlichen Unterschiede bei Nebenwirkungen oder Komplikationen
- Einschränkungen enthalten Heterogenität in Studiendesigns und Methadondosierung
Stationäre Operationen für Erwachsene
Neun randomisierte Beobachtungsstudien zeigten:
- Signifikante Reduzierung des Opioidkonsums und der Schmerzwerte (z. B. bei Wirbelsäulenversteifungen, gynäkologischen und laparoskopischen Operationen)
- Minimale Zunahme von Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Atemdepression
- Nichtunterlegenheit von orales Methadon im Vergleich zu IV bei komplexen Operationen
Pädiatrische Anwendungen
- Methadon ist wirksam und sicher für verschiedene pädiatrische Verfahren
- Reduzierter Bedarf an Opioid-Notfallbehandlungen in der Aufwachstation (PACU)
- Keine Zunahme von Nebenwirkungen bei sachgemäßer Anwendung
Schritt für Schritt: So implementieren Sie Methadon intraoperativ sicher
- Patientenbewertung
- Bewerten Opioidtoleranz, Komorbiditäten und serotonerger Drogenkonsum
- Bewerten Opioidtoleranz, Komorbiditäten und serotonerger Drogenkonsum
- Dosis bestimmen
- Standardbolus für Erwachsene: 0.1–0.3 mg/kg oder feste 20 mg
- Bei langen Operationen oder verstärkter Analgesie: Erwägen Sie einen zweiten Bolus nach 4 Stunden
- Postoperativ engmaschig überwachen
- Achten Sie innerhalb der ersten 30–45 Minuten auf Atemdepression
- Stellen Sie sicher, dass bei Bedarf Protokolle für die Verabreichung von Naloxon vorhanden sind
- Maßgeschneiderte Analgesiepläne
- Passen Sie postoperative Opioidpläne basierend auf der intraoperativen Methadonanwendung an
- Informieren Sie das Genesungspersonal über die zu erwartenden Langzeitfolgen
Wichtige Notizen
- Aufgrund der langen Halbwertszeit von Methadon ist eine häufige Einnahme weniger notwendig.
- Durch die doppelte Wirkung an μ-Opioid- und NMDA-Rezeptoren ist es bei starken Schmerzen überlegen.
- Wirksam bei der Reduzierung des Opioidkonsums bei allen Operationsarten.
- Sicherheitsprofil vergleichbar mit herkömmlichen Opioiden in kontrollierten Umgebungen.
- Erfordert eine sorgfältige Dosierung und eine aufmerksame Frühüberwachung.
Zusammenfassung
Das Update von Xie et al. aus dem Jahr 2025 unterstreicht einen bedeutenden Paradigmenwechsel in der perioperativen Schmerzbehandlung. Methadon, einst ausgewählten Fällen vorbehalten, verfügt heute über solide Belege für seine breitere Anwendung.
Aufgrund der umfassenden Datenlage aus randomisierten Studien, Metaanalysen und realen Kohorten können Kliniker intraoperatives Methadon heute mehr denn je als Standardoption in multimodalen Analgesieprotokollen in Betracht ziehen.
Referenz: Xie J et al. Ein umfassendes Update zum intraoperativen Methadongebrauch. Anästhesiologie. 2025; 143: 710-736.
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