
Auswertung der präoperativen Magen-Ultraschalluntersuchung bei diabetischen Patienten mit Dysautonomie
Der Zusammenhang zwischen Diabetes mellitus (DM) und verzögerter Magenentleerung ist für Anästhesisten schon lange ein Thema, insbesondere aufgrund der damit verbundenen Risiken einer Lungenaspiration während der Operation. Eine aktuelle Studie von Sastre et al., veröffentlicht in der Dezemberausgabe 2024 von Anästhesie & Analgesie, liefert neue Einblicke in dieses Thema, indem die Prävalenz eines vollen Magens bei diabetischen Patienten mit und ohne Dysautonomie im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen untersucht wird. Diese bahnbrechende Forschung unterstreicht die Bedeutung der präoperativen Magen-Ultraschalluntersuchung bei der Risikobewertung und -behandlung.
Die wichtigsten Ergebnisse
Hintergrund
- Eine verzögerte Magenentleerung ist aufgrund einer möglichen autonomen Funktionsstörung bei Diabetikern häufig ein Problem.
- Herkömmliche Fastenrichtlinien berücksichtigen nicht immer individuelle Unterschiede bei der Magenentleerung, insbesondere bei Diabetikern.
Studienüberblick
- Teilnehmer: 289 Patienten, die sich einer elektiven Operation unterzogen:
- 83 Diabetiker mit Dysautonomie.
- 62 Diabetiker ohne Dysautonomie.
- 144 gesunde Kontrollpersonen.
- Methodik: Präoperativ wurde eine Magen-Ultraschalluntersuchung durchgeführt, um Magenvolumen (GV) und -inhalt zu bestimmen. Zur Klassifizierung des Mageninhalts wurde die Perlas-Klassifikationsskala verwendet.
Ergebnisse
- Prävalenz eines vollen Magens:
- Höher bei Diabetikern mit Dysautonomie (22.9 %) im Vergleich zu Diabetikern ohne Dysautonomie (16.1 %) und Kontrollpersonen (13.2 %).
- Feste Magenreste:
- Beobachtet bei 12 % der Diabetiker mit Dysautonomie, im Vergleich zu 4.8 % bei den Patienten ohne Dysautonomie und 3.5 % in der Kontrollgruppe.
- Magenvolumen:
- Während der antrale Querschnittsbereich (CSA) bei Dysautonomie-positiven Diabetikern größer war, unterschied sich das verbleibende GV nicht signifikant zwischen den Gruppen.
- Symptome einer Gastroparese:
- Kommt bei Diabetikern mit Dysautonomie häufig vor, ist aber kein sicherer Indikator für einen vollen Magen.
Implikationen für die klinische Praxis
- Rolle der Dysautonomie:
- Die Studie unterstreicht, dass Dysautonomie und nicht Diabetes allein ein wesentlicher Faktor ist, der zu einem vollen Magen beiträgt.
- Nutzen des Magen-Ultraschalls:
- Ultraschall ist ein zuverlässiges, nicht-invasives Verfahren zur Beurteilung des Mageninhalts und ermöglicht eine individuelle perioperative Behandlung.
- Neubewertung der Leitlinien:
- Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die derzeitigen Fastenrichtlinien den besonderen Risiken bei Diabetikern mit Dysautonomie möglicherweise nicht ausreichend Rechnung tragen.
Empfehlungen zum Anästhesiemanagement
Wann sollte eine Magen-Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden?
- Patienten mit Symptomen einer Dysautonomie oder bestätigter kardiovaskulärer autonomer Neuropathie.
- Unsichere Fastengeschichte, insbesondere bei Hochrisikopopulationen.
Interventionen bei positiven Befunden
- Verschieben oder stornieren Sie die Operation, wenn ein voller Magen festgestellt wird.
- Erwägen Sie pharmakologische Interventionen wie Metoclopramid, um die Magenentleerung zu erleichtern.
- Führen Sie eine schnelle Sequenzinduktion (RSI) durch oder wenden Sie in ausgewählten Fällen eine Regionalanästhesie an.
Bedeutung einer individuellen Betreuung
- Jeder Patient sollte auf der Grundlage der Krankengeschichte, der Symptome und der Diagnosebefunde beurteilt werden und sich nicht ausschließlich auf die standardmäßige Fastendauer verlassen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: Magen-Ultraschall durchführen
- Vorbereitung:
- Positionieren Sie den Patienten in auf dem Rücken und Rechtsseitenlage (RLD) Positionen.
- Verwenden krummlinige Ultraschallsonde (3–5 MHz).
- Scan-Protokoll:
- Rückenlage:
-
- Identifizieren Sie die Magenantrum unter Verwendung von Orientierungspunkten der Leber und Aorta.
- Bewerten Sie den Inhaltstyp: leer, klare Flüssigkeit, unklare Flüssigkeit oder Feststoff.
- RLD-Position (wenn der Inhalt in liegender Position leer oder klar ist):
- Wenn kein Inhalt sichtbar ist, ist der Magen leer (Klasse 0).
- Wenn Flüssigkeit sichtbar ist, messen Sie die Querschnittsfläche (CSA)
- Volumenschätzung:
- Messen Sie dreimal den CSA des Magenantrums und berechnen Sie den Durchschnitt.
- Wenden Sie die Formel von Perlas an, um das Magenvolumen abzuschätzen.
- Entscheidung fällen:
- Grad 0 oder 1:
- Fahren Sie mit der Operation fort.
- Klasse 2 oder Feststoffgehalt:
- Plan je nach Dringlichkeit anpassen:
- Ausführen schnelle Sequenzinduktion (RSI).
- Operation verschieben/absagen oder entleeren Sie den Magen mit einem Magensonde.
- Passen Sie das Atemwegsmanagement an (z. B. supraglottisch oder endotracheal).
- Plan je nach Dringlichkeit anpassen:
Schlussfolgerung
Diese Studie unterstreicht die dringende Notwendigkeit gezielter Risikobewertungen bei Diabetikern, insbesondere bei Patienten mit Dysautonomie. Die präoperative Magen-Ultraschalluntersuchung erweist sich als bahnbrechende Neuerung und bietet eine praktische Lösung zur Identifizierung von Patienten mit Aspirationsrisiko. Immer mehr Belege deuten darauf hin, dass die Integration der Magen-Ultraschalluntersuchung in die standardmäßige perioperative Versorgung die Patientensicherheit und -ergebnisse erheblich verbessern könnte.
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